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WEB TUCJeanBriceLemalDer Vorkriegstransporter Citroen TUB wirkte fast moderner als sein Wellblech-Nachfolger Typ H.
Foto: stellantis/Citroen/Jean-Brice Lemal


Nur einen kleinen Schritt für einen Menschen und einen gigantischen Schritt für die Menschheit vollzog 1969 Neil Armstrong auf dem Mond. Drei Jahrzehnte zuvor hatte Citroën anhand des neuartigen One-Box-Kleintransporters TUB festgelegt, dass der Mensch auf der Erde auch nur noch einen kleinen Schritt zu tun habe: Nicht nur mit seiner tiefen Ladekante setzte der TUB heute immer noch gültige Maßstäbe.


Die Erkenntnis, dass man den Motor statt unter einer langen Haube vor genauso gut ohne Vorbau zwischen den Insassen unterbringen könnte, war keine neue. Der britische Lastwagen-Hersteller Foden etwa hatte mit dem F1 bereits 1931 einen modernen Cabover kreiert. Ein solcher sparte gehörig Länge und vereinfachte so das Rangieren, aber was wünschten Nutzfahrzeug-Kunden eigentlich noch so alles? Das eruierten Pierre Michelin und Pierre-Jules Boulanger nach der Übernahme des bankrotten Autoherstellers Citroën durch Michelin im Dezember 1934. Im Sommer 1936 stand das Lastenheft für einen leichten Transporter: Rund 800 kg Nutzlast, also mehr als die der üblichen Lieferwagen auf Pkw-Basis, sollten es schon sein, und zugunsten des verfügbaren Laderaums hatte der Fahrer so weit vorne wie möglich zu sitzen. Ferner sollten das Stehen im Fahrzeug für bis zu 175 cm große Personen und der Zutritt zum Frachtabteil direkt vom Fahrersitz aus möglich sein.

Ersteres ließ sich leicht mit dem Drehstab-Fahrwerk des kürzlich vorgestellten Citroën Traction mit Frontantrieb erreichen, da der Wegfall der Kardanwelle den Boden des Laderaums vom neuen Traction Utilitaire de Type B, kurz TUB, sehr viel näher gen Fahrbahnoberfläche brachte, zweiteres durch einen klappbaren oder gleich wegrationalisierten Beifahrersitz. Die mit einem kleinen Schritt erklimmbare 42-cm-Ladekante stiftete dann auch die weitaus sinnigere Bezeichnung des komplett schnörkellosen Pummelchens: „Traction Utilitaire Basse“ – Frontantrieb-Transporter mit niedrigem Ladeboden. Des Weiteren war neben einer aufschwenkbaren Klappe nebst absenkbarer Laderampe am Heck zur Erleichterung des Be- und Entladens eine gehwegseitige Tür als notwenig erachtet worden. Doch keiner hätte zur Markteinführung am 12. Mai 1939 mit einer Schiebetür gerechnet – die war in Kombination mit den weiteren Features schlichtweg revolutionär und tatsächlich ihrer Zeit voraus: Bis Niederflur-Vans mit weit vorn positioniertem Fahrer und seitlicher Schiebetür langsam zum Mainstream wurden, vergingen noch etliche Lenze.

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Revolution Schiebetür: Und wieder bewahrheitet sich die These, dass die Franzosen die etwas pfiffigeren Autobauer sind. Noch rund 20 Jahre später mussten die VW-Bulli-Fahrer mit der zweigeteilten Drehtür hantieren.


Zur Einsparung von totem Gewicht und Kosten hatte die Karosseriebaufirma Fernand Genève für den Aufbau kaum Blech verwendet; die Schiebetür bestand aus Leichtbaumaterialien, Dach und obere Seitenwände des mehr als sechs Kubikmeter großen Laderaums aus Planenmaterial mit kleinen Fenstern aus flexiblem Kunststoff. Auf der linken Seite verlief die Plane über die gesamte Länge der Ladefläche und konnte hochgerollt an der Dachkante befestigt werden. Reserverad und Batterie logierten in einem nur von außen zugänglich Schließfach auf der linken Seite des TUB. Das geringe Gewicht der Karosserie, die mangelnde Gewichtsbalance, die sich aus der Positionierung des Fahrers, des wassergekühlten 1628-cm³-Vierzylinders mit 35 PS und des Dreigang-Schaltgetriebes aus dem 7CV an der äußersten Front des TUB ergab, sowie die simple Hinterradachsaufhängung an Längsblattfedern führten allerdings dazu, dass dem Lieferwagen ohne stabilisierende Ladung leicht das Heck ausbrach.Das hydraulischen Trommelbremsen stammten vom 11 CV-Version, und deren mit 45 PS stärkerer 1911-cm³-Motor trieb auch die am 13. Februar 1940 präsentierte nächste Ausbaustufe an.
Jener11-T série U bezog seine Bezeichnung aus der Steuerklasse 11CV. Die Nutzlast stieg auf 1.020 kg boten, zudem gab es einen zweiten Scheibenwischer. Am 23. Juni 1941, während der Besetzung Frankreichs durch die Nazis , folgte der 11-T série UC, auch bekannt als TUC (Traction Utilitaire de Type C). Er hob sich in vielen Details vom TUB ab und bot mit 1.100 kg eine etwas höhere Ladekapazität. Rohstoffe und Sprit waren aber längst aber zur Mangelware, sodass bis zur endgültigen Produktionseinstellung im Dezember 1941 nur rund 50 TUC gebaut wurden. Fehlendes Benzin brachte ferner die Firma Fenwick dazu, 1941 und 1942 rund 100 TUB auf batterieelektrischen Antrieb umzurüsten.
Zwischen 1939 und 1941 wurden insgesamt 1.748 Exemplare gebaut, eine angesichts der großen Anstrengungen enttäuschend niedrige Anzahl. Umsonst waren all die Mühen dennoch nicht gewesen, Citroën hatte die Stärken und Schwächen analysiert. Zwar konnte man TUB/ TUC keine Zukunft geben, den guten Ideen aber schon: Die machten in ihrer Menge den 1947 lancierten Wellblech-Dauerbrenner vom Typ H zum Erfolgsmodell, das bis 1982 in 473.289 Einheiten vom Band lief.


1,75m Stehhöhe reichten Ende der Dreißiger locker für einen Durchschnittsfranzosen aus. Web TUB1